Typische Fehldiagnosen wenn Insulinresistenz übersehen wird

Eine Synapse ist die Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen. Hier werden Neurotransmitter freigesetzt, die die Übertragung von Signalen von einer Zelle zur anderen ermöglichen.Wenn der Körper Signale sendet – aber niemand hinhört

Bist du ständig müde, hast Konzentrationsprobleme oder nimmst trotz gesunder Ernährung einfach nicht ab? Dann geht es dir wie vielen anderen – vielleicht kämpfst du mit Insulinresistenz, ohne es zu wissen. Die schlechte Nachricht: Diese Stoffwechselstörung wird oft übersehen. Die noch schlechtere? Sie wird häufig sogar falsch diagnostiziert.

In diesem Beitrag schauen wir uns genauer an, welche Fehldiagnosen oft gestellt werden, wenn eigentlich Insulinresistenz dahintersteckt, warum das passiert – und was du tun kannst, um Klarheit zu bekommen.

Was ist Insulinresistenz überhaupt?

Bevor wir tiefer eintauchen, lass uns kurz klären, worum es geht.

Insulin ist ein Hormon, das dein Körper produziert, um Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren – für Energie. Bei Insulinresistenz reagieren die Zellen aber nicht mehr richtig auf Insulin. Der Zucker bleibt im Blut, der Körper produziert noch mehr Insulin, um gegenzusteuern. Über die Zeit kann das zu ernsthaften Problemen führen – etwa zu Typ-2-Diabetes.

Das Problem: Die Symptome von Insulinresistenz sind oft diffus, langsam schleichend – und ähneln vielen anderen Beschwerden.

Typische Symptome, die leicht falsch gedeutet werden

Vielleicht kennst du das: Du gehst zu verschiedenen Ärzten, wirst von einem zum nächsten Spezialisten geschickt – aber niemand findet wirklich heraus, woher deine Beschwerden kommen. Das liegt oft daran, dass die Symptome der Insulinresistenz nicht „typisch“ genug sind.

Hier sind einige Anzeichen, die häufig auftreten:

  • Ständige Müdigkeit – auch nach dem Schlafen
  • Heißhungerattacken, besonders auf Süßes
  • Gewichtszunahme, vor allem am Bauch
  • Hautveränderungen (z. B. dunkle Stellen am Nacken)
  • Häufige Stimmungsschwankungen
  • Konzentrationsprobleme oder „Nebel im Kopf“

Na, erkennst du dich irgendwo wieder?

Warum wird Insulinresistenz so oft übersehen?

Ganz ehrlich? Die meisten Ärzt:innen suchen nicht gezielt nach einer Insulinresistenz – besonders, wenn der Blutzucker noch „im Normbereich“ liegt. Viele setzen Insulinresistenz mit Diabetes gleich, was aber nicht stimmt. Es ist eher eine frühe Vorstufe. Der Körper ist in Schieflage – aber noch nicht so weit, dass man es mit gängigen Tests sofort erkennt.

Hinzu kommen zwei weitere Punkte:

  • Die Symptome betreffen verschiedenste Bereiche – von der Psyche über den Hormonhaushalt bis zum Verdauungssystem.
  • Patient:innen fühlen sich oft nicht „krank genug“, um sich gezielt untersuchen zu lassen.

Das führt leider dazu, dass viele mit einer völlig falschen Diagnose nach Hause gehen.

Fehldiagnosen: Wenn Insulinresistenz anderen Krankheiten ähnelt

Kommen wir zum Kern des Problems: In welchen Fällen wird Insulinresistenz mit etwas völlig anderem verwechselt?

Schauen wir uns die häufigsten Fehldiagnosen an:

1. Depression oder Burnout

Ein Klassiker. Wer ständig erschöpft ist, Probleme mit dem Denken hat und sich einfach nicht leistungsfähig fühlt, bekommt schnell den Stempel „psychisch belastet“.

Natürlich kann das passen – aber bei vielen steckt tatsächlich ein körperliches Ungleichgewicht dahinter: Insulinresistenz kann die Energieversorgung des Gehirns stören. Folge: Denkblockaden, miese Stimmung, Antriebslosigkeit.

Was fehlt, ist der Blutzuckerblick: Wird nur ein klassischer Nüchternwert gemessen, bleibt die wahre Ursache oft verborgen.

2. Schilddrüsenunterfunktion (ohne echten Befund)

Viele Patientinnen (ja, vor allem Frauen sind betroffen) bekommen die Diagnose „latente Schilddrüsenunterfunktion“, obwohl ihre Werte im Grenzbereich liegen. Und ja – Müdigkeit, Gewichtszunahme und Konzentrationsstörungen passen durchaus. Aber:

Diese Symptome können genauso gut durch Insulinresistenz entstehen.

Wer hier nur die Schilddrüse in den Fokus rückt, übersieht das große Ganze. Richtig kombiniert sieht die Lage oft ganz anders aus.

3. Chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS/ME)

Wenn gar nichts mehr geht, landet man leicht in dieser Schublade. Dabei ist es schwer, CFS klar zu diagnostizieren – viele Menschen gelten als „austherapiert“.

Interessanterweise zeigen Studien, dass bei einem Teil der Patient:innen mit CFS tatsächlich eine Insulinresistenz vorhanden ist. Die Zellen bekommen einfach nicht mehr genug Energie – weil Insulin nicht mehr richtig wirkt.

4. Polyzyklisches Ovarsyndrom (PCOSPCOS PCOS (Polyzystisches Ovarsyndrom) ist eine hormonelle Störung bei Frauen im gebärfähigen Alter. Es wird durch eine unregelmäßige oder ausbleibende Menstruation, hohe Spiegel von männlichen Hormonen (Androgenen) und polyzystische Eierstöcke gekennzeichnet. PCOS kann zu Fruchtbarkeitsproblemen und anderen gesundheitlichen Komplikationen führen.)

Ein komplexes Krankheitsbild, das viele Frauen betrifft. Unregelmäßige Zyklen, unerfüllter Kinderwunsch und Akne sind typisch. Aber weißt du was?

Einer der Haupttreiber von PCOS ist Insulinresistenz. Wird diese nicht erkannt und behandelt, bleibt auch das PCOS schwer kontrollierbar.

Leider wird dem Thema Ernährung und Stoffwechsel in der Therapie oft viel zu wenig Bedeutung beigemessen.

5. Angststörungen oder „psychosomatisch“

Wenn organisch nichts gefunden wird, bekommen viele Menschen die Diagnose „psychisch bedingt“. Herzrasen, innere Unruhe, Übelkeit? Klassische Angstsymptome.

Aber: Schwankende Blutzuckerwerte können ähnliche Symptome auslösen. Besonders nach kohlenhydratreichen Mahlzeiten kann es zu einem Blutzuckerabsturz kommen – das spürt der Körper als Stress.

Deshalb sollten auch hier die Hormone – und nicht nur das Nervensystem – unter die Lupe genommen werden.

Wie du bei Verdacht auf Insulinresistenz vorgehen kannst

Jetzt fragst du dich vielleicht: „Okay – aber wie finde ich denn heraus, ob ich betroffen bin?“

Hier ein paar Tipps aus der Praxis:

1. Kenne die richtigen Blutwerte

Einmal Nüchtern-Blutzucker messen reicht nicht. Achte auf diese Werte:

  • Nüchtern-Insulin (nicht standardmäßig in der normalen Blutuntersuchung enthalten)
  • HOMA-Index (verrechnet Nüchternblutzucker und Insulin – wichtiger Marker!)
  • HbA1cHbA1c HbA1c, auch als Langzeitblutzucker bezeichnet, ist ein Laborwert, der das durchschnittliche Blutzuckerniveau in den letzten 2-3 Monaten misst. Es wird verwendet, um die langfristige Blutzuckerkontrolle bei Menschen mit Diabetes zu überwachen.-Wert (zeigt den durchschnittlichen Blutzucker über 2–3 Monate)

Tipp: Lass dir die Werte immer als Kopie geben und frage gezielt nach Insulin-Resistenz.

2. Reflektiere deinen Lebensstil

Häufige Kohlenhydratzufuhr, wenig Bewegung, hoher Stress – all das kann Insulinresistenz begünstigen. Stell dir mal diese Fragen:

  • Wie oft esse ich am Tag – und was genau?
  • Bewege ich mich regelmäßig?
  • Wie schlafe ich? Bin ich morgens fit oder gerädert?

Manchmal ergibt sich aus diesen Fragen bereits ein deutliches Bild der Stoffwechsellage.

3. Lasse dich ganzheitlich beraten

Hausärzt:innen kennen sich oft nicht tief mit dem Thema Insulinresistenz aus. Du könntest alternativ nach Ärzt:innen oder Therapeut:innen mit Schwerpunkt auf Stoffwechsel und Ernährung suchen – oder dich von zertifizierten Ernährungsberater:innen coachen lassen.

Ein ganzheitlicher Blick bringt oft mehr, als einfach nur Symptome zu unterdrücken.

Was passiert, wenn Insulinresistenz nicht erkannt wird?

Wenn so viele Fehldiagnosen gestellt werden – was ist dann die Folge?

Kurz: Wenn die Ursachen nicht erkannt werden, wird die Therapie oft zur Symptombekämpfung. Damit wird kostbare Zeit verschenkt.

Auf Dauer kann eine unbehandelte Insulinresistenz zu folgenden Problemen führen:

  • Entwicklung eines Typ-2-Diabetes
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Hormonstörungen (z. B. Zyklusprobleme, Libidoverlust)
  • Chronische Entzündungen im Körper
  • Starke Gewichtszunahme und Fettleber

Je früher man den Körper unterstützt – desto besser sind die Chancen auf eine Umkehr.

Insulinresistenz erkennen – trotz Fehldiagnosen

Auch wenn viele Menschen jahrelang keine Antwort auf ihre Beschwerden finden: Du musst kein:e Mediziner:in sein, um erste Zusammenhänge zu verstehen.

Merke dir:

  • Du kennst deinen Körper am besten. Wenn sich etwas dauerhaft nicht richtig anfühlt – dann lohnt es sich, dranzubleiben.
  • Fordere konkrete Labortests ein. Gerade der Insulinwert wird oft einfach weggelassen.
  • Informiere dich über den Einfluss von Ernährung und Bewegung. Kleine Änderungen machen bereits einen großen Unterschied.

Ein Beispiel aus dem Alltag: Eine Klientin kam völlig entnervt zu mir – mit der Diagnose „Burnout“. Sie war 38, sportlich, Mutter von zwei Kindern – aber fühlte sich wie 80. Nach einem gezielten Labortest stellte sich heraus: Der Insulinwert war extrem erhöht. Nach drei Monaten mit einer bewussteren Ernährung und stabileren Mahlzeiten war sie wie verwandelt.

Fazit: Achte auf dein Bauchgefühl – im wahrsten Sinne

Insulinresistenz zeigt sich oft schleichend. Und leider auch unauffällig. Deshalb wird sie zwar nicht übersehen – aber sie wird verkannt. Burnout, Depression, Hormonschwankungen? Möglich. Aber oft lohnt es sich, einen Blick unter die Oberfläche zu werfen.

Wenn du dich in diesen Zeilen wiedererkennst, dann nimm deine Gesundheit selbst in die Hand. Lass dich nicht abspeisen, wenn du das Gefühl hast, etwas stimmt nicht. Informiere dich, frag nach – und hol dir Unterstützung, die über bloße Symptome hinausgeht.

Denn am Ende zählt nur eins: Dass du dich wieder wohl und energiegeladen fühlst.

Insulinresistenz muss kein lebenslanges Urteil sein – aber sie darf auch nicht ignoriert werden.

Du möchtest tiefer einsteigen? In einem kommenden Beitrag zeigen wir dir ganz konkrete Ernährungsstrategien, mit denen du deiner Insulinresistenz sanft entgegenwirken kannst – ohne Verzicht, aber mit viel Wirkung. Bleib dran!.